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10 Februar

01.02.10   Gestern um 11 Uhr habe ich noch eine Einführung zu "PINK" in Würzburg gemacht. Das Kino war zum zweiten Mal ausverkauft. Am Abend um 20 Uhr landete mein Flieger in Kairo. Schon im Flugzeug sagte der Kapitän, dass Ägypten den Afrika-Cup gegen Ghana 1:0 gewonnen hat. Die Fahrt im Taxi war dann etwas schwierig. Dauerhupende Autos mit Fahnen, Menschenmengen überall. Und die Straßen um die algerische Botschaft auf der Nilinsel Zamalek war von der Polizei abgesperrt, denn gegen Algerien hatte Ägypten im Afrika-Cup verloren.
Heute morgen lese ich in der "Main-Post" das Interview, das ich kurz nach meiner Ankunft am Freitag gegeben habe (LINK).

In Würzburg gibt es, bezogen auf die Einwohnerzahl, vielleicht sogar mehr Kirchen und damit Kirchtürme als in Kairo Minarette.

Der Main in Würzburg.

Würzburgs Weinberge vom CinemaxX aus gesehen.

Goethe im Frankfurter Flughafen.
Endlich wieder zurück in Kairo. Meine Freundin zeigt mir die al-Azhar-Moschee.



Der Eingang zur Moschee.

Der Innenhof. Studenten aus der ganzen Welt sitzen hier und lernen.





01.02.10   Mein 16. Tag in Kairo. Nach der al-Azhar-Moschee besuchen wir den Bazar. Ich widerstehe allen Angeboten, kaufe mir aber zwei Schals, um vielleicht etwas ägyptischer auszusehen.







In diesem Geschäft werden Glasperlenketten auf Bestellung sofort angefertigt. Wenn ich eine Frau wäre, könnte ich hier einen ganzen Tag verbringen.

Das Kaffeehaus "El Fishawy", früher ein Treffpunkt für Intellektuelle, heute für Touristen.


In diesem alten Kino mit über tausend Plätzen hat meine Freundin, während ich in Würzburg war, den Film "Awlad al 'amm" (The Cousins) gesehen. Sie sagt, dass er fürchterlich war.

"PINK" hat übrigens in Würzburg nicht den Publikumspreis gewonnen.
03.02.10   Mein 17. Tag in Kairo.Um präzise zu sein, müsste ich sagen: Kairo und Umgebung. Denn ich fahre mit meiner Freundin raus aus Kairo. Zu ihrem ererbten Gutshof. Etwa 150 Kilometer nördlich von Kairo. Im Nildelta. Der Ort selbst hat keinen Namen. Die Reise im Taxi dauert zweieinhalb Stunden. Es ist ein bisschen wie eine Reise ans Ende der Welt.




In der letzten halben Stunde werden die Straßen immer abenteuerlicher. Das Hauptverkehrsmiitel hier sind Eselsfuhrwerke und Tok-Tok's, so eine Art überdachtes Dreirad.

Das Haus, Ende der zwanziger Jahre erbaut, und umgeben von einer Mauer.

Das Eingangstor zum Grundstück. Der Verwalter, Diener und Wächter begrüßen uns und tragen unser Gepäck ins Haus. Ich fühle mich wie im Kino. In eine andere Zeit versetzt.


Der Dorffriedhof.

Ein Heron. Als hier vor allem Baumwolle angebaut wurde, sind die Herons fast ausgestorben. Jetzt sind sie wieder da. Überall.

Alle Kinder im Dorf wollen fotografiert werden.
04.02.10   Der 18. Tag in Ägypten. Im Gutshaus ist es schweinekalt und in der Nacht wecken mich, obwohl es hier Winter ist, Moskitos und ich kann nicht mehr schlafen, bis ich in einem der zwölf Zimmer ein übriggebliebenes Moskito-Coil entdecke. Mit Moskito-Coils kenne ich mich seit den Dreharbeiten von "BESCHREIBUNG EINER INSEL" bestens aus. Wir werden ganz vorzüglich von einem Diener bekocht und in der Nacht von drei Wächtern bewacht. Weil das schon immer so war.




Überall im Garten sitzen Krähen auf den Bäumen.

Mit dem Tok-Tok fahren wir zur Bank in ein etwas größeres Nachbardorf.

Der Bankschalter.

Das Dach des Gutshauses. Cirka 400 qm groß.

Ein traditionell aus Lehmziegeln gebautes Haus. Im ganzen Dorf gibt es nur noch zwei davon.

Die neuen Häuser, werden mit gebrannten roten und manchmal auch weißen Ziegeln gebaut und sind manchmal sehr bunt.

Die Flügel der Tauben werden farbig markiert, damit jeder weiß, wem sie gehören.

Diese Fotokopierer werden wieder repariert. Ich trage den Schal, weil es heute auch tagsüber empfindlich kalt ist (17 Grad).

Ein junges Ehepaar zeigt uns seine Hochzeitsfotos. Ungewöhnlich daran ist, dass die Braut nicht verschleiert ist. Denn alle Frauen im Dorf sind jetzt verschleiert. Früher war das nicht so. - - -
Ich muss so langsam wieder an meine Rückreise (in vier Tagen) denken. In einem Schreibwarengeschäft kaufe ich sechs Schulhefte für das Schreiben von sechs neuen Filmen. Ich denke nicht im Traum daran, mit dem Filmemachen aufzuhören, obwohl ich heute im Blog von CARGO lese, dass die Zahl der Cinephilen auch in Frankreich radikal gesunken ist.

05.02.10   Der 19. Tag in Kairo. Alte Fotos aus der Zeit, als das Gutshaus gebaut und eingeweiht wurde.



80 Jahre später. Die Erbin dieser Herren fotografiert den selben Weg im Garten. Die hölzernen Bögen existieren immer noch, sind aber auf der rechten Seite etwas brüchig gworden.

Eine Hochzeit.

Aus einem Werbeprospekt.
06.02.10  
Der 20. Tag in Kairo. Meine Freundin fährt mit mir in die Wüste und zeigt mir ihr Haus in der Oase Fayoum. Die Fahrt dauert hin und zurück vier Stunden. Die Oase liegt an einem riesigen See, dessen Wasser wie das Tote Meer stark salzhaltig ist. Wir essen Fisch, der hier von Fischern gefangen wurde. Das hätten wir besser nicht getan.

Mitten in der Wüste ein kilometerlanger Friedhof.

Zwei Jungen auf einem Esel. Der eine wählt vermutlich gerade eine Nummer auf seinem Handy. Handyempfang gibt's hier überall.


Das Haus meiner Freundin. Mitten in einer Art Künstlerkolonie.



Ein Bild im Haus einer befreundeten Malerin.

Kein Bild, sondern eine Wandlampe.



Auf dem einen Boot steht: "Solar im Tank ist besser als 1 Million auf der Bank"



Ein Bild im Atelier eines anderen Malers.

Auf der Heimfahrt tauchen am Horizont die realen Pyramiden auf.

Am Abend besuchen wir in Begleitung eines Malers eine Galeristin in Kairo. Überall in ihrer Wohnung Bilder von ägyptischen Künstlern.





Die letzten beiden Bilder sind von Mahmud Said - und sind sehr teuer.
07.02.10   Der 21. Tag in Kairo. Wir fahren frühmorgens mit dem Taxi zur Zitadelle, dem höchsten Punkt von Kairo, von dem man einen Blick bis zu den Pyramiden hat.





Die Sultan Hassan-Moschee hat Barack Obama besucht, als er seine berühmte Rede in Kairo gehalten hat. Für uns hat die Zeit dazu nicht mehr gereicht.

Die Suleyman Pascha-Moschee innerhalb der Zitadelle. Hierhin verirren sich nur wenig Touristen.

Die Suleyman Pascha-Moschee von innen.

Die Mohammed Ali-Moschee. Ganze Heerscharen von Touristen kommen, um sie zu sehen. Nur wenige sehen sie allerdings aus dieser Perspektive.

Die Mohammed Ali-Moschee von innen.

Die Kuppel.

Es gibt nicht nur Moscheen auf dem Gelände der Zitadelle. Den größten Raum nehmen mehrere Miltär-Museen ein.



08.02.10   Mein 22. und letzter Tag in Kairo. Ein befreundeter Maler zeigt uns sein Stadtviertel.

Ein Gemüsehändler bietet laut schreiend seine Waren an. Die Frauen kommen nicht runter auf die Straße, sondern lassen aus den Fenstern Körbe an Seilen herunter und ziehen sie danach wieder hoch.

Ich dachte, das Gebäude im Hintergrund sei eine Kirche, aber es ist ein vor der Jahrhundertwende entstandener Palast. Der Erbauer ist ein reich gewordener levantinischer Geschäftsmann, Habib Sakanini.







Habib Sakanini hatte ganz offensichtlich eine Schwäche für barbusige Frauen.

Im Haus befindet sich der älteste Lift von ganz Kairo.

Das Lieblingscafé unseres Malerfreunds.





Die ehemalige jüdische Schule.

Auf dieser Straße gehen wir gut zwei Stunden lang. Die Geschäfte werden immer abenteuerlicher und die Straße wird immer voller. Hierher verirrt sich kein einziger Tourist. Leider ist die Batterie meines Fotoapparats plötzlich leer, und damit ist meine Kairoreise zuende. Ich werde mit Sicherheit wieder zurückkommen.
09.02.10   Jetzt bin ich wieder in Berlin. Das Flugzeug in Kairo hatte einen Defekt in der Elektronik. Die Reparatur dauerte knapp drei Stunden. Lange Zeit ohne Information, was los ist. Nach zwei Stunden erbarmte sich der Kapitän und machte eine Ansage: Er wisse nicht, wie lange die Behebung des Defekts noch dauere und sagte dann: "Keep your fingers crossed." Ich fand das sehr nett. Von München aus bekam ich gerade noch den letzten Flieger nach Berlin und hatte das unglaubliche Glück, den fiesesten Security-Check-Beamten kennen zu lernen. Der hätte mich und mein Handgepäck am liebsten dreimal durchleuchtet. Fliegen ist das letzte große Abenteuer auf diesem Planeten.

Der Himmel über Kairo, nachdem das Flugzeug endlich in der Luft war.
10.02.10   Mein braver Volvo ist gestern, nachdem ich ihn von Schnee und Eis befreit hatte, sofort angesprungen. Ich gebe zu, dass ich vorher ein bisschen zu ihm geredet und ihn auch gestreichelt habe.
Ich genieße das Fahren in der Stadt mit ihm und sehe auch Berlin jetzt mit ägyptischen Augen. Wahrscheinlich bin ich in den letzten vier Wochen ein halber Ägypter geworden. Wer weiß, vielleicht gehe ich morgen Abend zur Berlinale-Eröffnung mit meinem ägyptischen Schal. Vielleicht begrüßt mich dann Dieter Kosslick auf dem roten Teppich noch etwas freundlicher. Weil er mich nicht sofort erkennt.
11.02.10   Am Nachbarhaus von mir sehe ich zum ersten Mal - mit meinen neuen ägyptischen Augen - diese Statue.



Und in diesem Restaurant, nur ein paar Schritte weiter, haben Martin Schäfer und ich nach dem Drehen von "DAS MIKROSKOP" viele Biere miteinander getrunken und über die Schwierigkeiten des Verheiratet-Seins gesprochen.

Dieser Vogel, vielleicht eine Amsel, saß heute morgen auf meiner Fensterbank und wärmte sich an der herausströmenden kalten Zimmerluft auf. Ich nehm's als gutes Zeichen für meinen neuen Film "DAS ROTE ZIMMER" in diesem Sommer.
12.02.10  




Ich weiß nicht, welcher Teufel mich antreibt, jedes Jahr meinen schönsten Anzug anzuziehen und dann mit meiner Tochter Joya zur "Berlinale-Eröffnung" zu gehen. Jedes Jahr sitzen wir weiter oben im Festivalgebäude. In diesem Jahr im fünften Stock zwei Meter unter dem Dach. Aus dieser Entfernung sehen Anke Engelke und Dieter Kosslick aus wie Ameisen. Nur das Rot und Blau, in das die Bühne getaucht wird, gefällt mir. Sonst leider nichts.
13.02.10   Im "Tagesspiegel" vom 11. Februar beendet Volker Schlöndorff seinen "persönlichen Rükblick auf 40 Berlinale-Jahre" mit: "2010 hat die Berlinale mit Werner Herzog einen mächtigen Beschützer. Er wird das Schwert des Erzengels unerbittlich gegen jegliches Mittelmaß führen."
14.02.10   Gestern Vormittag war ich bei der Präsentation des vierten Bandes von "Scenario" und treffe viele alte Freunde. Hanns Zischler bespricht, wie im letzten Jahr, die einzelnen Artikel des Buches. Er kündigt das als einen "Sushi-Vortrag" an.

Hanns Zischler bereitet sich auf seinen Vortrag vor.

Ich habe danach Hanns Zischler gesagt, dass ich ihn gerne als männlichen Hauptdarsteller für "INS BLAUE" haben möchte. Ich erzähle ihm in einem Satz die Geschichte, und er sagt, dass er die Rolle übernehmen wird. Mit diesem Foto besiegeln wir unseren Vertrag. Ich freue mich schon jetzt auf die Arbeit mit ihm.

Livia Theuer, die mit mir bei den beiden nächsten Filmprojekten als Co-Drehbuchautorin zusammengearbeitet hat, stellt mir eine Cutterin vor, die gerne mit mir arbeiten möchte.

Auf dem Weg zum nächsten Berlinaletermin sehe ich diesen Mann auf der Riesenleinwand vor dem Berlinale-Palast. Ich denke, es ist Leonardo di Caprio.

Danach spreche ich mit dem Chef der Degeto, Wolfgang Jurgan, über mein Filmprojekt für 2011 "INS BLAUE". Ich erzähle ihm, dass ich aus lauter Verzweiflung, weil ich am 14 Juli 2009 nicht "DAS ROTE ZIMMER" drehen konnte,während der dafür vorgesehenen Drehzeit das Drehbuch von "INS BLAUE" geschrieben habe. Er ist gespannt auf das Drehbuch, und möchte es möglichst bald lesen, um dann "ja" oder "nein" zu sagen. Außerdem sage ich ihm, dass ich vor zwei Stunden Hanns Zischler für die männliche Hauptrolle engagiert habe.
15.02.10  
Die Vergänglichkeit von Kunst. Nicht mit meiner Website, aber mit meinen Filmen träume ich schon von einer Art von Unsterblichkeit. "Unsterblich werden und dann sterben" ein Satz von Belmondo in einem frühen Godard-Film hat sich tief in mein Unterbewußtsein eingeprägt.

Auch dieses Iglu mitsamt Graffito auf der Innenseite wird diesen Winter nicht überleben.

Dieses Bild auf meiner Hauswand wird vom Hausbesitzer wohl auch bald wieder übermalt werden.

Ein bayrisches Lokal am Hohenzollerndamm, wo es einen Schweinebraten gibt, wie man ihn selbst in München nur noch selten kriegt.

Über dem Toiletteneingang ist dieser ausgestopfte Wildschweinkopf angebracht.

Das Buch, das Hanns Zischler am Samstag vorgestellt hat, herausgegeben von Jochen Brunow. Im Buch ist ein von mir im Moana-Tagebuch am 2. 11. 09 veröffentlichtes Foto mit meinem Begleittext abgedruckt - leider nur in Schwarzweiß.
In der FAZ von vorgestern ist ein Gespräch mit Angela Schanelec, Benjamin Heisenberg und Oskar Roehler abgedruckt. Da sagt Oskar Roehler , der immerhin mal mit Hannelore Elsner "Die Unberührbare" gemacht hat, merkwürdige Dinge.
Über die Filmkrtitik: "Es geht immer nur um eine elitäre Hochkulturbetrachtung. Und da mogelt sich in den Kritiken die Berliner Schule unglaublich in den Vordergrund."
Über kleine Filme: "Wenn ich kleine Geschichten haben will, dann gehe ich in die Buchhandlung und kaufe mir ein Buch, und wenn ich einen Film mache, dann möchte ich, dass da ein gewisser Show-Effekt dabei ist."
Und über Filme, wie ich sie überwiegend mache: "Ich langweile mich, wenn ich drei Leute in der Küche inszenieren muss."
16.02.10   Am Abend gehe ich mit Serpil Turhan ins Delphi-Kino, das ich viele Jahre lang für das "Forum" geleitet habe, und wo ich mich auch zum Vergnügen meiner Fans gelegentlich als Kartenabreißer betätigt habe. Heute lief dort Thomas Arslans "Im Schatten". Der Film fängt rasant und absolut vielversprechend - vor allem auch durch seinen Hauptdarsteller - an, verliert dann aber sein Ziel etwas aus den Augen. Da ist Benjamin Heisenbergs "Der Räuber" im Erzählen seiner Geschichte sehr viel konsequenter. Naja, Gott sei Dank muss ich keine Filmkritiken mehr schreiben. Trotzdem beide Filme aus der "Berliner Schule", über die sich Oskar Roehler in der FAZ so geärgert hat, gewinnen meine Sympathie.

Die beiden Säulen vor dem Eingang des Delphi-Kinos sehe ich heute zum ersten Mal. Das liegt an meinen ägyptischen Augen.

Mit meiner Regieassistentin Serpil Turhan, die auch bei Thomas Arslans Film Regieassistentin war, spreche ich bei einem Glas Wein darüber, wie wir nach der Berlinale mit den Vorbereitungen für "DAS ROTE ZIMMER" anfangen wollen. Dann müssen wir uns in einer langen Schlange gut eine halbe Stunde anstellen, um auch ins Kino reinzukommen.

Ich denke, dass sich das Reinkommen ins Kino besser organisieren ließe als so, wie das jetzt gemacht wird. Die Publikumsdiskussion nach dem Film von Thomas Arslan, moderiert vom neuen Forumschef Christoph Terhechte, ist ziemlich langweilig. Und mir wird klar, warum ich das bei "PARADISO" nicht machen wollte und auch in Zukunft nie mehr machen werde. Da gehe ich doch lieber zur Viennale oder nach Würzburg. Da sind Publikumsgespräche auf jeden Fall unterhaltsamer.
Fröhlich und guter Dinge ging ich heute morgen zum Arsenalkino und wollte "Orly" von Angela Schanelec sehen, den dritten Film, den Reinhold Vorschneider im letzten Jahr als Kameramann gemacht hat. Ich war sehr rechtzeitig da, aber das Kino war ausverkauft und mit meiner Akkreditierung hatte ich keine Chance reinzukommen. Was waren das noch Zeiten, als Alf Bold das Kino geleitet hat! Der hätte mich immer reingelassen, aber Alf Bold ist schon lange tot. Vielleicht kann er im Himmel lesen, dass ich ihm noch immer nachtrauere.



Vor dem Eingang zum Hyatt-Hotel steht ein blankgeputzter silberner Bär. Meiner ist inzwischen 10 Jahre alt und voller Patina. Vielleicht sollte ich ihn mal wieder putzen und ins Produktionsbüro stellen, damit alle Schauspieler beim Casting sehen, wer bei mir spielt, kriegt silberne Bären.

Ziemlich wütend fahre ich heute dann auf meinen Bauernhof, wo mich Schnee- und Postberge erwarten. Ich kann nur beten, dass es nur langsam anfängt zu tauen. Wenn nicht, steht mein Keller voll Wasser.

17.02.10  

Aus sicherer Entfernung beobachte ich im Internet das, was auf der Berlinale passiert. Ich denke, ich verpasse nichts. Ich fühle mich wie ein Millionär und wie ein Heiliger nach Allem, was ich in den letzten zwei Monaten erlebt habe. Nur der Umzug in Berlin macht mir noch zu schaffen. Bis alles, was ich habe, wieder seinen Platz gefunden hat, dauert bestimmt noch ein paar Monate, denn das Leben geht ja ununterbrochen weiter.
Nach all den Bildern aus Kairo heute ein paar Bilder aus meinem im Schnee versinkenden Bauernhof.





Ich fange an, das Schilf in meinem Teich zu schneiden, so lange mich das Eis noch trägt.

Meine Magnolia grandiflora, die ich am 26. März 2009 nach der Fertigstellung des Drehbuchs von "DAS ROTE ZIMMER" gepflanzt habe. Es sieht so aus, als habe sie überlebt. Im Garten meiner Freundin in Ägypten hätte sie bestimmt weniger Probleme.





Früher war es mein Traum, ein Haus am Meer zu haben. Dieser Blick zeigt mir, dass ich hier - nur achtzig Kilometer von Berlin - etwas Vergleichbares habe. Und wenn es mir zu ungemütlich wird in Deutschland, fahre ich nicht mehr wie früher nach Kalabrien, sondern fliege nach Ägypten.
Jetzt noch ein bisschen Gossip. Gegen Abend kriege ich heute zwei emails vom "Spiegel", der in der nächsten Ausgabe ein Interview mit Ulli Lommel druckt. Die wollen von mir wissen, ob ich das, was Ulli Lommel sagt, bestätigen kann. Ulli Lommel sagt da folgendes:
" Als ich mit Rudolf Thome „Detektive“ drehte, erschien am Set eine 18-jährige Debütantin. Ihr Name war Iris Berben. Ihr  erster Auftritt war eine Liebesszene mit mir. Ich habe sie völlig ignoriert, weder Guten Tag gesagt noch mich vorgestellt. Nach der Szene bin ich ohne ein Wort weggegangen. Abends gab es ein Essen, zu dem ich zu spät kam. Ich ging auf Iris zu, nahm sie bei der Hand und sagte: „Wir gehen jetzt!“ Das funktionierte. Wir waren dann ein halbes Jahr zusammen."
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es in "DETEKTIVE" überhaupt keine Liebesszene zwischen Ulli Lommel und Iris Berben. Ulli Lommels Erzählung erinnert mich stark an das, was Dieter Wedel in seiner Autobiografie über seine erste Begegnung mit Hannelore Elsner gesagt hat. Mein Gott, warum müssen Männer bei ihren Frauengeschichten immer so angeben!

18.02.10  
Bei einer Außentemperatur von 7 Grad fängt es ab Mittag an zu tauen. Diese Eiszapfen sind inzwischen verschwunden, als wären sie eine Fata Morgana gewesen.

Ich schneide das Schilf in meinem Teich zuende ab. Wenn ich verheiratet wäre, würde meine Frau bestimmt sagen, dass ich das nicht sehr ordentlich gemacht habe.

Überall im Garten und im Hof hänge ich Futter für die Vögel auf. Meine Nachbarn, die sich freuen, mich wiederzusehen, haben Sorgen, dass der Schnee zu schnell schmelzen könnte. Die lokale Feuerwehr hat Pumpen und Schläuche schon in Bereitschaft gestellt.
19.02.10  

Die Deutsche Filmakademie hat ihren Mitgliedern 13 Fragen zugeschickt, die man sich stellen soll oder kann, um herauszufinden, welcher Film der beste Film ist. Ob Werner Herzog als Jury-Präsident der Berlinale 2010, der das "Schwert des Erzengels unerbittlich gegen jegliches Mittelmaß führen" wird (Volker Schlöndorff) , das auch tut? Hier sind die 13 Fragen:
"13 FRAGEN ZUM BESTEN FILM:
Welche sichtbaren Entscheidungen zu Inhalt und Form trifft der Film?
Kreiert der Film eine „eigene Welt“?
Geht der Film ein inhaltliches und/oder künstlerisches Wagnis ein?
Welche Dringlichkeit hat der Film?
Hat der Film eine nachhaltige Wirkung?
Welche gesellschaftliche und/oder künstlerische Relevanz hat der Film?
Welches Ziel hat der Film sich gesetzt und hat er es erreicht?
Was bietet mir der Film über die konkrete Ebene der Geschichte hinaus an?
Unterhält mich der Film?
Bewegt, erschüttert oder provoziert mich der Film?
Habe ich Lust, den Film noch einmal zu sehen?
Ist der Film auch noch in einigen Jahren ein wichtiger Film?
Ist der Film in all seinen Einzelheiten sorgfältig umgesetzt?"

Heute um 17 h sollte im Rahmen einer Michael Ballhaus-Retrospektive in der Cinémathèque in Paris "MADE IN GERMANY UND USA" laufen. Heute lese ich auf der Cinémathèque-Seite:
"17h00 Michael Ballhaus
LE TEMPS DE L'INNOCENCE
MARTIN SCORSESE
En remplacement du film "Made in Germany und USA" qui est déprogrammé.
"
Im Blog von Serge Toubiana steht über Ballhaus: "et travaille aux côtés d’autres cinéastes allemands, comme  Ulli Lommel (Adolph et Marlene), Rudolf Thome (Made in Germany and USA – au fait, que devient ce cinéaste très original, qui réalisa quelques-uns des plus beaux films allemands dans les années quatre-vingts ?), Peter Lilienthal (La Montagne magique)"…
Ich würde gerne wissen, was das Fragezeichen hinter dem, was er über mich da sagt, bedeuten soll?

20.02.10   Das Rätsel um die Umprogrammierung meines Films "MADE IN GERMANY UND USA" gestern in der Cinématèque in Paris ist gelöst:
"La Cinémathèque Universitaire refused to deliver the film for strange reasons", schreibt mir Serge Toubiana und verspricht in derselben email, in 2011 eine komplette Retrospektive aller meiner Filme zu machen. Darauf freue ich mich sehr.
Auf Perlentaucher.de rechnet Ekkehard Knörer, der alle Wettbewerbsfilme in diesem Jahr gesehen hat, mit dem Berlinale-Wettbewerb und dessen Chef, Dieter Kosslick, ab (LINK).
21.02.10   Ich fahre zurück nach Berlin, lese den Bestseller "Axolotl Roadkill" und bin am Abend zur Geburtstagsfeier von Jochen Brunow eingeladen. Vorher gehe ich noch, damit ich die Geburtstagsfeier nicht verschlafe, in ein Kino um die Ecke. Ins Sputnik Südstern, im dritten Hinterhof und im 5. Stock ohne Lift, und schaue mir auf Backsteinsitzen "Lila, Lila" mit Hannah Herzsprung an. Hannah Herzsprung gefällt mir, der Film nicht. Jetzt ist auch Jochen Brunow 60 Jahre alt geworden. Wir haben zusammen "BERLIN CHAMISSOPLATZ", "SYSTEM OHNE SCHATTEN" und "DAS MIKROSKOP" gemacht und sind seit über 35 Jahren miteinander befreundet.


Jochen Brunow - im Smoking - hält eine Ansprache.

Sein Freund Uwe spielt ein Ständchen. Das hat er vor 20 Jahren auch zur Feier meines 50. Geburtstags gemacht.

Jochen Brunow und seine Frau Irene wagen ein Tänzchen. Zwei Stunden vorher hatte ich mit ihr eine kurze Diskussion über die Intensitätsdauer von dem, was wir alle unter "Liebe" verstehen. Wir waren da nicht einer Meinung, aber da immer neue Gäste kamen, konnten wir die Diskussion nicht zuende führen. Das ist schade, denn jetzt muss ich, ohne neue Erkenntnise, mein Interview für "Brigitte Woman" irgendwann im März alleine weitermachen, denn der zuständigen Redakteurin dieser Publikation ging mein Interview mit Ariane Heimbach vom 12. Januar nicht weit genug.

Ute Freund und ich besprechen fast vier Stunden lang, bei einem Glas frischgepressten Orangensaft, Kaffee, einem Croissant und einer Brezel die Dreharbeiten von "DAS ROTE ZIMMER". Sie wird an Stelle von Reinhold Vorschneider die Kamera bei diesem Film machen. Wir beschließen unseren Vertrag mit einem Händedruck. Jetzt können die Vorbereitungsarbeiten für diesen Film endlich beginnen. Wir legen jetzt auch den Drehbeginn fest. Es ist der 14. Juli - der Tag der französischen Revolution. Vielleicht gelingt uns beiden auch eine Revolution des Filmemachens, denn wir drehen zum ersten Mal voll DIGITAL.
22.02.10   Im Cargo-Blog präzisiert und verschärft Ekkehard Knörer seine Ansichten zum Berlinale-Wettbewerb (LINK) und sagt außerdem, was er im gesamten deutschen Gegenwartskino für wichtig hält. Da komme auch ich immerhin ein bisschen vor.
Und in der FAZ sagt auch Michael Althen (LINK), immerhin einer der letzten wichtigen deutschen Print-Kritiker, was er von der Wettbwerbsauswahl Dieter Kosslicks hält: "Dieter Kosslick ist ein Pragmatiker, ein gut gelaunter Macher, der das Festival ungemein belebt hat. Aber mit seiner Wettbewerbspolitik ist er in einer Sackgasse angelangt, aus der er offenbar nicht wieder herausfindet."
23.02.10  
Meine Tochter Joya besucht mich, gibt mir ihren zweiten Kurzfilm, und wir sprechen beim Mittagessen über ihre Zukunft und meine Vergangenheit. Im Mai will sie ihren dritten Kurzfilm drehen. Danach macht sie bei "DAS ROTE ZIMMER" Script.
Nochmal ein Text zur diesjährigen Berlinale, der mir klar macht, was mir im letzten Jahr mit "PINK" in der Sektion "Berlinale Special" widerfuhr (die Rede ist hier von einem Film, der jetzt da gelaufen ist):
"it was consigned instead to the purgatory that is the ‘Berlinale Specials’ section. Which are special, not in the VIP use of the word, but rather, in the ‘half-off, everything must go’ sense, being essentially a dumping ground for films that, for one reason or another, don’t fit the tenor of the other sections: not ‘good’ enough for Competition (hah!), not gay enough for Panorama, not young enough for Generations, not weird enough for Forum." Das schreibt Shane Danielsen in indiewire.com.
Jetzt ist es gut, ich schwöre ich schreibe nichts mehr über die Berlinale. Ein zweites Thema, über das zu schreiben ich mir verbiete. Wenn das so weiter geht, poste ich nur noch Fotos im Moana-Tagebuch.
24.02.10   Gestern habe ich alles fertig gemacht, um mein Filmprojekt für 2011 "INS BLAUE" beim BKM einzureichen. Danach war ich beim Direktor des Kupferstichkabinetts, Prof. Dr. Heinrich Schulze Altkappenberg, der mich außerordentlich freundlich zu einer Watteau-Zeichnung beraten hat und der, wie sich herausstellte, ein Fan von "BERLIN CHAMISSOPLATZ" ist.

Blick vom Kupferstichkabinett auf den Potsdamer Platz.

Nicht nur drinnen ist Kunst, auch draußen.

Zwei Zeichnungen von Watteau.



Auf dem Weg zur Post, sehe ich diese doppelte Liebeserklärung.
Am kommenden Sonntag zeigt meine Tochter Joya im Arsenal-Kino in einer Teampremiere ihren zweiten Kurzfilm. Sie hat mir gesagt, dass auch alle Moana-Tagebuchleser herzlich eingeladen sind.
Auf HR 3 läuft am 16. März um 00.45 Uhr wieder mal "ROTE SONNE".
25.02.10  
Die Arbeit an "DAS ROTE ZIMMER" beginnt so langsam. Zana Bosnzak und Serpil Turhan

Reinhild Blaschke
26.02.10   Uli Maass vom Münchner Filmfest sichert sich schon heute die deutsche Erstaufführung von "DAS ROTE ZIMMER" für 2011.
Mit ägyptischen Augen kann auch Berlin ziemlich schön sein. Gestern morgen ein Blick von einer Autobahnbrücke auf die Stadtautobahn und das Industriegelände in Halensee.

Bei einer Motivsuche in der Umgebung von München begegneten Klaus Lemke, Max Zihlmann und ich Drafi Deutscher, der mit einem Filmteam "Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht…" sang. Das muss so um 1965 gewesen sein.

Ein Graffito, 100 Meter neben meiner Wohnung, das ich bisher noch nie gesehen hatte. Ich denke ich muss wieder nach Ägypten fahren, damit sich dieser ägyptische Blick auf das, was hier in Berlin ist, verstärkt. Nächste Woche gehen wir zum erstenmal auf Motivsuche für "DAS ROTE ZIMMER".
Die Berliner Premiere des zweiten Kurzfilms meiner Tochter Joya "HÄTTE DER MOND AUCH SCHOKOLADE GEWEINT?" ist um viereinhalb Stunden verschoben worden. Sie ist jetzt am kommenden Sonntagum 18.30 Uhr im Arsenal.
27.02.10   Mein Tag gestern war übervoll. Am frühen Morgen schaue ich mir den Film "Lucy" an, bei dem Reinhild Blaschke Ausstattung gemacht hat. Das wird sie auch bei "DAS ROTE ZIMMER" machen. Dann kommt mein Sohn Nicolai. Bei Ikea gelingt es uns innerhalb von 10 Minuten 4 Billy-Regale zu kaufen. Das Zusammenbauen dauert etwas länger. Nicolai macht das, als hätte er in seinem ganzen Leben nie etwas anderes gemacht.


Danach hole ich meinen Volvo von der Inspektion ab. Jetzt hat er neue Bremsen und einen neuen TÜV. Der geht bis 2012. Bis dahin ist hoffentlich auch "INS BLAUE" gedreht und fertig.
Dann sehe ich Nicoletta Drossa, die bei "PINK" Regieassistentin war und bei "DAS ROTE ZIMMER" Produktionsleitung machen wird.



Nicoletta Drossa stellt mir zwei potentielle Produktionsassistenten vor. Zuerst Jos Khoeblal…

…und dann Oliver Dresselhaus.
28.02.10  
Da war ich gestern. Die fast leere Eingangshalle des Neuköllner Krankenhauses am Samstagmorgen. Gott sei Dank habe ich es geschafft wieder rauszukommen.
Heute habe ich es endlich geschafft, mir "Orly" von Angela Schanelec auf DVD anzuschauen. Ich bin beides, begeistert und dann wieder hilflos. Es ist dasselbe Gefühl, als wenn ich selbst im Flughafen säße und, weil ich warten muss, die Menschen um mich rum beobachte. Aber gleichzeitig mehr. Immer wieder versinke ich in meine eigenen Gedanken und Erinnerungen und muss dann wieder zurückspulen, weil ich etwas Wichtiges verpasst habe. Ihre Erzählweise ist wie ein Film von einem anderen Planeten. Fremdartig und unzugänglich.
     
     
     
     
     
     
     

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